Am 23. Oktober 2020 ab 10 Uhr lädt das Lepsiushaus Potsdam ein zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Sozialwissenschaftler Dr. David Leupold (Leibniz-Zentrum Moderner Orient, Berlin) und seiner kürzlich erschienenen Monographie Embattled Dreamlands - The Politics of Contesting Armenian, Turkish and Kurdish Memory (Routledge: New York 2020).
Zum Workshop
Unter dem Thema „Embattled Dreamlands" („Umkämpfte Traumlandschaften") widmet sich der halbtägige Workshop dem facettenreichen Thema der umkämpften Erinnerungslandschaften und kollektiven Gewalt. Durch den Brückenschlag zwischen der armenisch-türkisch-kurdischen Erfahrung und anderen globalen Geschichtserfahrungen werden die Teilnehmer des Workshops in vergleichender Perspektive konkurrierende Erzählungen über kulturelles Erbe, Geschichte und Heimatland erforschen. Ausgehend von der sich gegenseitig bereichernden Expertise der Teilnehmer hoffen wir, aus den Ruinenlandschaften des 20. Jahrhunderts verstummte Narrative über Vertreibung und Vernichtung, Verlust und Neuaneignung von Heimat und über die Rolle von kollektiver Gewalt bei diesen Prozessen ans Licht zu fördern.
Offen für in Deutschland ansässige Wissenschaftler*innen und fortgeschrittene Studierende aus unterschiedlichem akademischen Disziplinen - von der Geschichts- und Politikwis-senschaft bis zur Soziologie und Anthropologie - wollen wir das Thema dieses Buches, d.h. den Völkermord an den Armeniern in der Vergangenheit und den anhaltenden tür-kisch-kurdischen Konflikt in der Gegenwart, mit neuen Perspektiven aus der ganzen Welt, wie z.B. (aber nicht nur) dem Balkan, Zentralasien, Mitteleuropa oder Nordafrika, verbinden.
Von den Teilnehmern wird erwartet, dass sie das Buch im Voraus lesen (digitale Kopien können kostenlos zur Verfügung gestellt werden) und mit kurzen Impulsen und/oder Thesen aus ihrer eigenen Forschung zur Diskussion beitragen. Die Arbeitssprache des Workshops ist Deutsch – allerdings sind auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit aus-reichendem passiven Sprachverständnis herzlich willkommen. Anmeldungen bis spätestens 15. Oktober an knocke@lepsiushaus-potsdam.de
Aufgrund der COVID-19 Pandemie ist nur eine begrenzte Teilnehmerzahl möglich. (Vergabe der Plätze nach Anmeldeeingang).
Zum Buch
Embattled Dreamlands erforscht die komplexe Beziehung zwischen konkurrierenden Nationalmythen, imaginierten Grenzen und lokalen Erinnerungen in der dreifach umfochtenen Erinnerungslandschaft der Osttürkei – Westarmenien – Nordkurdistan. Räumlich im Übergangsgebiet des post-osmanischen und post-sowjetischen Raumes gelegen, beleuchtet sie die vielschichtige Erinnerungslandschaft der Region um den Van-See im Südosten der Türkei, in der sich eine Geschichte der kollektiven Gewalt vom Völkermord an den Arme-niern bis zum heutigen Kurdenkonflikt erstreckt. Ausgehend von seinen Feldforschungen in der Türkei und in Armenien untersucht der Autor, wie verschiedene politische Akteure daran arbeiten, ihre Geschichtsnarrative durch die performativen Akte des Erzählens, Ausblendens, Kartierens und Zeremonialisierens sowohl im sozialen Gedächtnis der Gesellschaft als auch der geographischen Landschaft zu verankern. Im Gegensatz dazu wird der lokale Erinnerungsraum der Vanseeregion als „mnemonic frontier" konzeptualisiert – also als einen Raum multikollektiver Erinnerungspraktiken, welcher der staatlich sanktionierten Geschichtspolitik unter Ausbildung von Gegennarrativen auf verschiede-nen Ebenen begegnet: das kosmopolitische Narrativ der Bajarî-Kurden in Bitlis, das Widerstandsnarrativ von Behdinanî-Kurden aus Hakkari sowie grenzübergreifende Narra-tive von kurdophonen Jesiden und Armeniern in Armenien.