Die christlichen Assyrer (Ostsyrer) sind heute nur ein kleines Volk, das vorrangig im mesopotamischen Raum und in der weltweiten Diaspora siedelt. Sie stellten aber einst eine kulturell sehr aktive Gemeinschaft von der Mandschurei bis ans Horn von Afrika, von Zypern über Zentralasien bis nach Indien dar.Der Vortrag skizziert das Werden und die Blüte der Gemeinschaft, ihren Niedergang und ihre weitgehende Vernichtung im Kontext internationaler Spannungen und Kriege.
Ab dem 19. Jahrhundert waren auch die Deutschen in verschiedener Weise involviert in das Geschehen um die Assyrer/Ostsyrer. Daraus erwuchs ein wichtiger Quellenbestand, der Einblicke gibt in die letzten schmerzlichen Phasen der Geschichte dieses Volkes. Diese Quellen werden im Vortrag genutzt, um die schier ausweglose Situation des Volkes in den Ländern des fruchtbaren Halbmondes (Türkei, Iran, Irak, Syrien) im 19. und 20. Jahrhundert darzustellen und Einblicke in ein heute fast vergessenes und sich in einigen der betroffenen Regionen heute vollendendes Verschwinden dieses Volkes aus seiner angestammten Siedlungsregion zu geben.
Martin Tamcke ist ein deutscher Theologe und Orientalist sowie Verfasser und Herausgeber zahlreicher Publikationen. Er ist Professor für Ökumenische Theologie und Orientalische Kirchen- und Missionsgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen. Zugleich ist er Mitbegründer und Direktor des internationalen Erasmus-Mundus-Studienganges Euroculture und des internationalen Masterstudienganges Intercultural Theology. Er gilt als der herausragendste Vertreter der interkulturellen Kirchengeschichte und der Sprachen und Kulturen der christlichen Völker des Mittleren Ostens. Als Präsident steht er zudem dem Beirat des SIMO (Studium im Mittleren Osten) vor.